Neulich sass ich ja mit einem guten alten Kumpel zusammen und wir haben uns lange über alles mögliche unterhalten. Ein Thema, was mir immer noch im Kopf nachhängt ist die Relevanz von Bloggern ( was sich aber auch generell auf Inhalte im Internet übertragen lässt ).
Auch sind diese Gedanken sicherlich nicht neu und auch schon von weit schlaueren Leuten formuliert worden, sei’s drum. Ein ( wenn nicht das zentrale ) Problem bei uns Bloggern ist ja, dass wir werweisswas in unsere Blogs schreiben können. Ob das nun fundiert ist oder nicht, weiss kein Leser ( Mal abgesehen von den Stammlesern ).
Ob ich hier nun einen Artikel über die Skalierbarkeit von Apache-Modulen oder die Qualität unterschiedlicher Windel-Marken schreibe, dem Leser, der von Google auf meine bescheidene Seite geschwemmt wird, ist nicht klar, ob ich irgendwelche Kompetenzen bezüglich dieses Themas habe.
Relevanz durch Position des Google-Suchergebnisses?
Dazu kommt noch die Allmacht von Google, die einem Leser durch die Positionierung eines Suchergebnis vorgaukelt, die entsprechende Seite wäre wirklich relevant zu dem entsprechenden Schlüsselwort. Wer beispielsweise bei Google nach Firmenwagen sucht, bekommt als erstes Suchergebnis einen Beitrag aus meinem bescheidenen Blog kredenzt. In dem Beitrag steht zwar nicht unbedingt etwas falsches und eine stattliche Anzahl von Kommentaren geben der Seite auch noch mal eine Menge mehr Substanz, aber unter uns – ich weiss nicht wirklich viel über Firmenwagen.
Relevanz durch Bewertung des Artikels?
Nun haben sich ja zum einen Dienste wie YIGG oder DIGG etabliert. Mit einem lustigen Plugin kann ich dem Leser erlauben, sein Votum abzugeben, ob der geschriebene Beitrag ihm auf irgendeine Weise zusagt. Allerdings ist das auch nicht wirklich aussagekräftig, denn wie soll man daraus eine Relevanz ableiten? Von 700 Seitenaufrufen, haben 20 Leser den Beitrag als lesenswert markiert. Ist das gut? Ist das schlecht? Kommt das nicht eigentlich auf die Zielgruppe – und wie sicher diese mit dem Internet umgeht – an?
Auch kann man sich ja lustige Geschichten installieren, die den Leser – nur auf dem jeweiligen Blog – bewerten lassen, wie hilfreich sie den Artikel fanden. Und auch bei diesem Verfahren gilt das gleiche Problem.
Dazu kommt noch, dass auch niemand nachvollziehen kann, wie viel Wissen der jeweilige Leser besitzt, sprich wie relevant überhaupt seine Bewertung ist. Mal ganz davon abgesehen, dass die Anonymität der Stimmabgaben auch ziemlich anfällig für Manipulation ist.
Relevanz durch bestätigte relevante Beurteilung
Denkbar wäre ein Mechanismus, bei dem andere mir bescheinigen, dass ich zu einem Thema ein fundiertes Wissen habe ( und das somit auch davon auszugehen ist, dass mein Beitrag zu dem Thema eine gewisse Relevanz hat ). Schreibt Herr willsagen.de beispielsweise etwas über Oldtimer, so würde ich bestätigen, dass er da ein prufundes Wissen hat. Was er ja auch wirklich hat. Bloss, wer glabt mir, dass ich das beurteilen kann.
Aber mal angenommen, Herr A. und Herr S. würde mir jetzt wiederum bescheinigen, dass ich mich toll mit Oldtimern auskenne. Dann wäre mein Urteil vielleicht schon etwas mehr wert. Möglich wäre vielleicht so eine Art Ranking, in dem man sich bei einem bestimmten Thema selbst bewertet und dann einen anderen im Vergleich dazu.
Herr A. meint, er kennt sich mit Oldtimer so Schulnote 4 aus, Herr S. schätzt sein Wissen auf 6. beide meinen, ich hätte zu dem Thema mehr Ahnung. Ich schätze mich selbst auf 3 und meine, dass Herr Willsagen, da deutlich mehr weiss. In so einem Geflecht aus social network und Bewertung könnte dann nach und nach ein stattlicher Baum entstehen, der auch etwas aussagt.
Probleme, immer nur Probleme
So schön ich die skizzierte Lösung auch finde, umsetzbar wird sie vermutlich nicht sein. Sieht man mal von den technischen Hürden ( die ich für lösbar halte ) wie Vereinheitlichung der Verschlagwortung ( oldtimer vs old cars ), Definition des Schlagwortes ( Youngtimer vs Oldtimer ), gesicherte de- oder zentrale Datenhaltung, etc pp. ab, so ist das Hauptproblem wohl eher, dass sich ein jeder irgendwie offiziell authentifizieren müsste.
Sonst lässt sich eben jene schöne Struktur doch zu einfach mit hunderten von Fake-Accounts manipulieren. Gerade wenn so eine Wert etwas über die Relevanz aussagen würde. Denn wenn ich einen hochdotierten Job als SEO-Fred haben möchte, dann wäre es ja schon gut, wenn ich mal eben 20.000 Leute sagen lasse, dass ich da ziemlich viel Ahnung von habe.
Ein eben so grosses Problem ist dann wohl auch die Pflege der Bewertungen. Wenn ich mal einfach nur so als Beispiel meine Facebook- und XING-Kontakte zusammenzähle und dann annehme ich würde diese Leute im Schnitt bei 10 Schlagwörtern bewerten, dann kommen ich mal eben auf über 4.000 Verknüpfungen. Die sich auf den Moment beziehen. Ja, heute habe ich mehr Ahnung von Oldtimern als Herr S. Dieser lernt im Spanien-Urlaub aber Senior P. kennen und baut mit ihm einen netten Oldtimer-Import auf. Innerhalb von einem halben Jahr hat er deutlich mehr Ahnung von der Materie als ich. Und jetzt soll ich im Hinterkopf behalten, dass ich mal festgesetzt hatte, dass ich mehr Ahnung habe als er. Wo wir uns auch dann seit einem halben Jahr nichts mehr zu sagen haben, weil er mich bei einer ganz anderen Sache böse hat hängen lassen.
Schade, schade
Ja. Schade. So geht es nicht. Schön wäre es aber, wenn es irgendwie gehen würde. Denn bei immer mehr LEuten, die irgendwas im Internet veröffentlichen wäre es schon schön, wenn man irgendein Indikator hätte., der einen wissen lässt, ob man die Zeilen jetzt liest und schlauer wird, oder ob man nicht lieber eine andere Quelle sucht.
Mein Kumpel hat dann gegen Ende unseres Gedankenaustauschs etwas gesagt, was mich auch nicht loslässt. Er meinte, die Internet Community ( das umfasst mal platt alle Menschen, die so im Internet rumgurken ) sind immer sehr schnell dabei rum zu heulen, wenn der Staat irgendwelche Spielregeln vorgibt, leider aber auch ausser Stande, dem Staat zu zeigen, dass und wie es besser geht.
( Und ja, dieser Beitrag würde bestimmt kein Relevanz-Sternchen bekommen … )
17. November 2008 um 14:22 Uhr
Ist Relevanz wirklich relevant?
Ich meine he, wenn ich eine Zeitung kaufe, habe ich doch auch keine Ahnung, ob der Journalist Ahnung von dem hat worüber er schreibt. Und seien wir mal ehrlich, die meisten Menschen interessiert das auch gar nicht.
17. November 2008 um 14:51 Uhr
Aber wenn ich eine Zeitung kaufe, dann gehe ich davon aus, dass irgendein Heini einen anderen eingestellt hat, weil er weiss, dass der schreiben ( und recherchieren kann).
Dieses Selbstverständnis fehlt mir bei Leuten im Internet.
17. November 2008 um 17:33 Uhr
Mutig! Also zum einen hat der, der wen einstellt auch kaum Ahnung und schon gar nicht, davon ob der den er einstellt Ahnung hat. Der stellt ihn in der Tat ein, weil er schreiben kann. „Keine Ahnung haben“ ist quasie der Normalzustand. Geht ja auch kaum anders. Wie soll man von all dem Ahnung haben?
Zum anderen: Naja, wir stellen uns ja im Internet nicht gegenseitig ein. Aber wenn wir was schreiben, glauben wir ja schon ENTWEDER von dem was wir schreiben Ahnung zu haben ODER zumindest eine legitime Meinung zu haben. Das ist wie mit der Intelligenz, die ja perfekt verteilt ist, weil jeder glaubt, genug davon zu haben. Keiner schreibt ernsthaft in sein Blog, mit dem Selbstverständnis, dass das was er da schreibt, großer Unfug sein.
17. November 2008 um 17:34 Uhr
Nebenbei: Dass das mit dem Ahnunghaben in Zeitungen nicht weither ist, kannst Du daran erkennen, dass Du Dich immer über Zeitungstexte ärgerst, wenn Du von dem Thema wirklich Ahnung hast.
17. November 2008 um 18:02 Uhr
Naja ben_, Du versuchst jetzt Dein Insiderwissen auszuspielen. Und selbstredend bist Du mir intellektuell weit überlegen, macht aber gar nichts – pass mal auf:
Wenn in der Zeitung etwas steht, was nicht gut ist, dann kaufe ich die Zeitung nicht mehr. Und wenn das dann so nach und nach alle tun, stirbt die Zeitung und ich werde nie wieder diesen Mist lesen müssen.
( Davon mal abgesehen, arbeiten auch in der KFZ-Werkstatt Leute ohne Ahnung, wie auch in der Bank oder jedem anderen Beruf. In der Regel sollte der Markt aber schon dafür sorgen, dass nicht zu viele Dummschwätzer in einem Laden arbeiten. Oder eben nur Dummschwätzer, aber mit Unternehmensberatungen habe ich eh nichts zu tun. )
Der Blogger, der im Internet seinen verbalen Unsinn verbreitet, der schreibt und schreibt und schreibt und wenn es ganz dumm läuft, dann lese ich immer wieder seinen Kram.
Ich will auch nicht sagen, dass so ein Relevanz-Indikator verbindlich sein muss, aber es wäre dennoch schön, wenn es sowas gäbe. Und man die Möglichkeit hätte diesen Relevanz-Indikator bei der Suche mit einfliessen zu lassen.
Aber wenn wir was schreiben, glauben wir ja schon ENTWEDER von dem was wir schreiben Ahnung zu haben ODER zumindest eine legitime Meinung zu haben. Erinnerst Du Dich an diesen Probloggerworld-Fred? Du schreibst hier und unterstellst den Leuten, dass sie wirklich wissen, was sie tun. Das ist doch in etwa so, wie eine Stelle auszuschreiben ( Kennst Du doch … ): Du suchst einen Entwickler und dann bewerben sich dei Leute, die tatsächlich denken, sie wären qualifiziert für den Job. Und Wirklichkeit und Wahnsinn liegen da nicht mal nah aneinander.
So. jetzt Du wieder.