Es gibt Tage, da denke ich, dass ich ein ganz anständiger Vater bin. Es gibt wesentlich mehr Tage, an denen ich wohl eher ein durchschnittlicher Vater bin. Und dann gibt es Tage, an denen ich merke, dass ich ein ganz ganz mieser Vater bin. Heute ist so einer.
Der Nachwuchs 2.0 ist mittlerweile 3.5 Jahre alt und betreibt in unserem Haus einen landwirtschaftlichen Betrieb. Zu den Aufgaben des Kindes gehört es, die Schweine zu füttern. Unser Sofa ist der Schweinestall (und nein, ich meine damit nicht, dass unser Sofa ein Schweinestall ist). Wir haben so ein Brett auf dem 17 unterschiedlich farbige Holzringe stecken. Das ist sehr übersichtlich und man erkennt sofort, wenn ein Ring fehlt.
Aus irgendeinem Grund denkt das Kind nun, dass sich immer mal wieder Schweine hinter dem Stall verstecken. Also wirft es dann fröhlich Bausteine hinter das Sofa. Das nervt! Nicht zuletzt, weil man dann immer erst das Sofa abrücken muss, um die Steine wieder zu finden.
Also habe ich mir heute gedacht, dass das Kind eine Lektion zu lernen hat. Steine gehören nicht hinter das Sofa. Und ich wollte eigentlich nur, dass mich der Nachwuchs ansieht und mir sagt „Ich werde keine Steine mehr hinter das Sofa werfen.“ Pups einfach. Möchte man meinen. Aber irgendwie konnte das Kind das nicht. Wir haben also ein Weilchen probiert und dann gab es auf Seiten des Nachwuchses nur noch Kullertränen und Geschluchze. Also habe ich den Nachwuchs auf die Treppe geschickt. Hinsetzen, ausweinen, wiederkommen. Der Nachwuchs hat sich auf die Treppe gesetzt, hat rumgeheult als hätte es gerade erfahren, dass es ab dem heutigen Tag keine Schokolade mehr gibt und sich dann nach einem Weilchen wieder beruhigt. Zumindest kam nichts mehr an Geräuschen aus dem Treppenhaus. Entgegen meiner einfachen Anweisung ist das Kind aber nach oben gelaufen. Da bin ich dann richtig sauer geworden.
Bin also nach oben gelaufen, habe das Balg geschnappt, bin wieder zurück nach unten auf Sofa und wollte meinen Satz hören. Das Kind wusste aber gar nicht wovon ich spreche. Das wiederum hat mich dann noch mehr in Rage gebracht. Kann sich sämtliche Charaktere aller möglichen Zeichentrick-Serien inklusive Vita und Verwandten merken, aber nicht einen einzigen Satz über 5 Minuten.
Da standen wir nun am Sofa. Ich auf 180. Das Kind schon wieder am Heulen. Solche Momente sind super. Toll. Vaterfreuden pur. Wirklich ohne Ende.
Rauchen ist ja wirklich schlecht für die Gesundheit. Und man sollte damit auch nicht anfangen. Ich finde Rauchen aber ganz nützlich, weil es mir hilft runterzukommen und Abstand zu gewinnen. Ich habe also mit der Finanzministerin draussen auf der Terasse im Regen eine Zigarette geraucht während sich das Kind drinne heulend von einer Sofa-Ecke in die andere geworfen hat. Der Blick der Finanzministerin hat dann auch Bände gesprochen. Du erwartest zu viel. 3.5 Jahre – nicht 35 Jahre. Und dann kommen auch noch diese ganzen anderen Dinge aus dem Hinterkopf. Kindgerecht sprechen. Mit dem Kind auf eine Ebene kommen – auch räumlich, …
Also bin ich wieder zum Sofa. Habe dem Kind gesagt, dass ich es schrecklich doll lieb habe und auf meinen Schoss gezogen. Dann habe ich das Schweinefutter genommen und dem Nachwuchs erklärt, dass man das Schweinefutter nicht hinter das Sofa wirft, weil da gar keine Schweine mehr sind. Dass da auch in Zukunft nie Schweine werden sein. Schweinefutter muss im Schweinestall bleiben. Genickt hat der Nachwuchs dann. Ich glaube, das Kind hat mich verstanden.
Verdammt schwer, immer wieder daran zu denken, dass man Kinder nicht wie Erwachsene behandeln darf. Hört sich einfach an, finde ich aber so ganz und gar nicht einfach.
15. November 2009 um 14:36 Uhr
Kinder zu unterschätzen macht die Angelegenheit aber auch nicht einfacher. Man erinnert sich doch *gern* an die Kulleraugen kleiner Töchter, die den Blick perfektioniert haben, dass Daddy gar nicht anders kann als… (bitte selbst einsetzen, was ich meine!)