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Polen – zwischen Flieder und Vodka

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Ich bin das erste Mal in Polen. Ich war auch noch nie so schlecht auf eine Reise vorbereitet – muss ich gestehen. Polen – für mich das unbekannte Land. In meiner Vorstellung habe ich heruntergekommene Häuser, Autos und Menschen gesehen. Diese Bilder waren in meiner Vorstellung ausschliesslich in Schwarz/Weiss gesehen.

Jetzt bin ich in Polen und natürlich ist alles anders. Wir sind in Warschau gelandet (Auf dem Flugplatz-Gelände hatte ich übrigens UMTS-Empfang). Das Terminal an dem wir angekommen sind, war eine Baustelle und ziemlich grau. Befriedigt habe ich mir auf die Schulter geklopft. Mensch, Du kennst die Welt. Das war aber auch das letzte Mal, dass dieses Gefühl aufkam.

Während der Fahrt vom Flugplatz in die Altstadt von Warschau habe ich alles in mich aufgesogen. Und dies war vor allem die Farbe grün. Herrlich viele Bäume, Parkanlagen und Wiesen. Sicherlich, der eine oder andere Linienbus sah nicht so aus, als würden die deutschen Tüv-Prüfer sich darum reissen ihm eine Plakette zu verpassen. Auch habe ich Leute gesehen, die nicht mit einer Ray-Ban und Prada-Schuhen unterwegs waren.

Vielmehr habe ich ein interessantes Phänomen bemerkt. Vor Supermärkten scheinen sich kleinen Flohmärkte zu etablieren, wo Leute (meine Vermutung, sie gehören zu den unteren Einkommensschichten) Kleidung, Blumen und Gemüse verkaufen. Weiter meine ich bemerkt zu haben, dass polnische Frauen deutlich modebewusster sind als in Deutschland. Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so viele große, (neu)modische Sonnenbrillen auf ein Mal gesehen habe.

Als bekennender Pseudo-Schuh-Fetishist habe ich sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass bei polnischen Frauen hochhackige Schuhe hoch im Kurs stehen. Dazu komme ich nicht umhin festzustellen, dass das Gros der gesehenen Schuhe sehr geschmackvoll aussah – wir reden hier nicht über diese peinlich Ausgaben von Cowboy-Stiefel-Pumps, die man heuer in unseren Breiten sieht.

Auf die polnischen Männer kann ich nicht allzu viel sagen, soweit ich die Damen aus unserer Gruppe richtig verstanden habe, waren sie aber recht angetan. Aufgefallen ist mir jedoch, dass viele Jungen eine 2mm-Frisur trugen.

Die Altstadt von Warschau ist touristisch voll erschlossen, ohne jedoch mit Nippes-Läden überladen zu sein. Sie präsentiert sich in einem herrlich restaurierten Zustand und das Schlendern durch die Strassen offenbart immer wieder neue interessante Einblicke. Sehr nett fand ich einen Typen auf einem der kleinen Plätze, der einen Drachen am Himmel hatte (den man mit dem blossen Auge kaum erkennen konnte).

Schon auf der Fahrt in die Stadtmitte, aber auch auf dem Weg in den Norden sind mir viele Schilder aufgefallen, die ich problemlos lesen konnte: Lufthansa, Obi, Praktiker, Velux, Kaufland, real oder Deutsche Bank haben sich wohl mittlerweile im polnischen Sprachgebrauch etabliert.

Nach einem kleinen Nickerchen (ja, in einem Bus sitzend, durch Polen fahrend, kann man auch sehr gut schlafen) konnte ich mir dann die ländliche Gegend ansehen. Hier ist mir vor allem der Flieder aufgefallen. Jedes Haus scheint über eine eigene Fliederhecke zu verfügen, was wirklich herrlich aussieht. Auch so sieht man wilde Fliederbüsche, die sich wundervoll in die Landschaft einfügen.

Überhaupt finde ich die Landschaft hier im nördlich Polen sehr schön. Zwar sieht man auch viele bestellte Felder, aber dazwischen finden sich immer wieder wilde Abschnitte. Auch sieht man links und rechts der Bundesstrasse immer wieder kleine Höfe, teils feudale Häuser, teils Bauruinen – aber alles ist irgendwie akkurat verteilt, so dass man das Gefühl hat, es wäre mit Bedacht in die Landschaft gesetzt. Interessant fand ich, dass eine Vielzahl der Hausdächer im ländlichen Bereich nicht mit Ziegeln gedeckt sind, sondern eher mit Wellblech oder Teerpappe belegt wurden. Wobei dies auch regional bedingt sein kann, im jetzigen Abschnitt unserer Reise sehe ich doch vermehrt Ziegel.

Das Essen was mir bislang vorgesetzt wurde war sehr schmackhaft. Die Meinung meiner Mitreisendes es wäre zu fett(ig) kann ich nicht teilen, ich würde es eher deftig nennen. Beim abendlichen Trinkgelage mit unseren polnischen Freunden zeigte sich, dass der polnische Vodka sehr lecker ist ( sehr nett auch, dass ich als Wenigtrinker keinesfalls ausgegrenzt wurde ).

Spannend fand ich die Unterhaltungen mit unseren polnischen Gastgebern. In einem lustigen Kauderwelch aus Polnisch, Deutsch und Englisch haben wir fröhlich Vorurteile ( wir kommen mit steif, redlich, arbeitsam und korrekt noch ganz gut weg ) ausgetauscht.

Am Rande: Zigaretten (Chesterfield) kosten hier 1.50 Euro. Eine Coca Cola im Restaurant 50 Cent. DDer polnische Durchschnittsverdiener bekommt am Monatsende 450 Euro. Eine Journalistin arbeitet normal 7 Tage die Woche. Eine 3ZKB-Wohnung mit 60qm kostet 120 Euro warm. Um ein kleines Haus zu bauen oder zu kaufen muss man ca. 40.000 Euro bezahlen.

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